Männerwirtschaft
Yasmina - Jasmin Hantl
„Hallo“
„Hallo“
„Kann ich schon was kaufen?“
„Ja“
„Ach super.“
„Marrakesch, oder was?
„Ich weiß nicht wie es heißt, das liegt hier in der Auslage.“
„Ach so, die Tasche ist da. Ja.“
„Das ist mit Schafskäse?“
„Das ist mit Schafskäse, Spinat, Pizza und Hackfleisch. Schafskäse, Pizza, Käse, Hackfleisch“
„Dann nehme ich das mit Spinat“
Ein Gast streckt mir sein Smartphone entgegen und ich schaue mir die Suchergebnisse von Google an. Bilder von Pflanzen und Sträucher der weißblühenden Jasmin. Nach einem kurzen Austausch sind sich alle einig, dass wilde Jasmin in den Straßen anders riecht, als die Zimmerpflanze hierzulande. Und während ich den Rauch des Kohlegrills einatme, gibt der Chef mir Auskunft, was dieser kleinen Streifen schwarzes Panzertape an der rot gestrichenen Fassade über dem Restaurantnamen eigentlich zu bedeuten hat. Der Laden gehört nun seiner Tochter. Er heißt nicht mehr Jasmina sondern Al-Jasmin: Mit Jasmin. Wie der Name seiner Tochter, wieder Jasmin, der immer vor dem Haus wuchs. Seine Augen beginnen zwischen den Falten und dunklen Ringen hindurch ein erstes Mal zu strahlen.
Die Gäste und Mitarbeiter sind hier überwiegend männlich, international und die Sprache hauptsächlich arabisch. Von der weiblichen Führung zeugt hier kaum eine Geste. Zwischen der Vorratshaltung und Grillkohle, Spirituosen und Flyer-Stapeln steht ein Behälter mit heißem Schwarztee bereit. Shisha-Pfeifen warten auf den Einsatz. Die gedruckte Speisekarte ist übersichtlich. Doch die Vielfalt des Speisenangebots unter der Glashaube animiert zu individuellen Bestellwünschen.
„Und was ist dabei? Kann ich da so Tabouleh haben?“
„Nein, normalerweise mit einem Teller, deshalb nicht.“
„Äh, Teller?“
„Döras Und kommt da Salat, Knoblauch und Sauerkraut.
„Ach ja.“
Und bisschen Reis oder Pommes, das passt immer
Ne, Lieber Tabouleh, geht das auch?
„Tabouleh?“
„Statt Pommes.“
„Und was noch?“
„Und ein bisschen Blumenkohl, bitte. Und eine Aubergine - Perfekt, danke.“
Glänzende Stirne und der Auge blicken mich an. Alles ist möglich, alles wird möglich gemacht.
„Kann ich nen Grillteller haben, statt dem Reis und Salat - Tabouleh und so - gemischter Grill, ja. Okay.“
„Hier essen?“
„Ja“
„Habt ihr eine Serviette“
Ein Blumenkohlröschen im zu voll gefüllten Fladen wird den Fingerspitzen schnell zurück in die Alu-Teig-Rolle gestopft. Eine Quittung mit drei Gerichten und zwei Getränken kann allerdings ein bisschen dauern. Die Zeit vergeht und das Ungeschick verzeihen die Gäste wegen dieser Prise Charme, die der Unorganisiertheit und der Verplantheit dieser Männerwirtschaft innewohnt. So interpretiere ich jedenfalls das gegenseitige, naja, zustimmende Lächeln bis Grinsen zwischen den wartenden Gästen. Nichts läuft hier flüssig oder eingespielt ab, außer die Ansagen - Es ist immer Zeit zum Plaudern.
Die Zubereitung der Speisen scheint manchmal Nebenache. Dann bekommt die Hinwendung der Herstellung volle Zuwendung und wird ein kleines Kunstwerk. Ein Gast bekommt einen winzigen Tropfen Sesamsoße zum Probieren auf einem riesigen Suppenlöffel serviert. Alles steht still und jeder hält für einen Moment inne, um solch einem essentiellen Ereignis in diesem Weltgeschehen die nötige Würdigung verleihen. Als ob der weitere Verlauf von dem einen Urteil dieser Fertigsoße abhängt. Die Probandin nickt. Ich kann nicht deuten, ob das schmeckt oder lieber nicht zur Bestellung hinzugefügt werden soll. Wir lächeln uns in der Runde an und ich verabschiede mich handhebend die Stufen runter, von denen ich gekommen bin.
„Ich habe noch einen nachbestellt, ja“
„Darf ich so ein Stück Kohle mitnehmen? So ein Stück? Darf ich das mitnehmen? Danke.“