It’s the lack of space that unites all subcultures in metropolitan areas.
Es ist der Mangel an Raum, der alle Subkulturen in den Großstädten vereint.
Hallo, willkommen ZUS ART 2023
Im folgenden sprechen wir, Francisca Markus und Laura Schneider über das Konzept und den Prozess dahinter.
Conserving a long walk ist eine kollaborative Arbeit, die durch Jasmin Hantl, Lola Bott, Liza Beutler, Ai-Nhu Vo, Tina Henkel und unter der Kuration von uns entstand und realisiert wurde. Für den diesjährigen ZUS Art Teil haben wir uns vorgenommen keine Gruppenausstellung mit individuellen Positionen zu organisieren, sondern den Prozess einer Ausstellung von einem anderem, kollektiven Ausgangspunkt heraus zu betrachten.
Unser Ziel war es, eine Umgebung zu schaffen, in der Kunstschaffende miteinander in Verbindung treten können. Gemeinsam sollten sie als temporäres Kollektiv arbeiten, um eine Arbeit zu konzipieren. Dafür haben wir Künstler:innen eingeladen deren Arbeitsweisen sowie künstlerische Prozesse wir sehr schätzen. Unser Vorhaben bestand darin, eine vielfältige Gruppe von Individuen aus verschiedenen Fachrichtungen zusammenzubringen. Durch den Austausch untereinander sollten sie ein interaktive Arbeit entwickeln, die die Besucher:innen des ZUS Festes erleben können. Dabei sollte der Entstehungsprozess offengelegt werden.
Da diese Arbeit im Rahmen des ZUS-Fest entstanden ist und gezeigt wird, ist der Kontext der Raumaneignung, die durch Skatekultur im öffentlichen Raum für uns sehr wichtig. Also haben wir uns ein Konzept überlegt, durch das die Eingeladenen zusammen Raum beobachten, erfahren, aneignen, und sich durch eine künstlerische Arbeit in ihm positionieren.
Fragen, die wir uns im Vorfeld gestellt haben:
Wie können wir Ausstellungsräume als soziale Räume begreifen, in denen Interaktionen passieren, und die vor allem auf Interaktionen basieren?
Wie gestaltet sich ein Arbeitsprozess, der als soziale Begegnung funktionieren soll?
In welcher Form eignet man sich als Kunstschaffende Orte an, ohne direkt in diesem Ort einzugreifen?
Was kann eine kollektive (temporäre) Raumaneignung für den künstlerischen Arbeitsprozess bedeuten?
Welche Formen von (temporärer) Raumaneignung können im Kollektiv vorgenommen werden, ohne extra Aufwand oder Ausrüstung, und ohne wirkliche Hemmschwellen zu übersteigen?
Es war uns wichtig, dass dieser Arbeitsprozess sowie die finale Arbeit flexibel gestaltet werden kann, um auf die zeitlichen Kapazitäten der Teilnehmenden Rücksicht zu nehmen.
Uns interessierte die Form des gemeinsamen Spaziergangs als Initiation eines Kollektives, als Beginn einer Begegnung, und als direkte Erkundung der örtlichen Begebenheiten.
Anfang August begann der kollaborative Arbeitsprozess an einem langen Wochenende. An diesem unternahmen wir einen langen Spaziergang, auf dem wir verschiedene Orte im Umkreis des Ausstellungsortes PARKS auf der Elbinsel in Hammerbrook besuchten. Diese Orte bilden zusammen einen oberflächlichen Querschnitt von Qualitäten/Eigenschaften, über die wir uns versuchten, dem Stadtteil anzunähern.
Auf dem langen Spaziergang, ging es vorerst darum, sich zu den besuchten Orten zu verhalten und zu diesen ein Gefühl zu entwickeln und dieses zu dokumentieren. Anschließend wurden diese Eindrücke miteinander ausgetauscht, und blieben erstmal nur ausgesprochen und nicht bewertet. Die besuchten Orte hinterließen bleibende Eindrücke, angenehme sowie auch unangenehme Gefühle.
Was kann, und will man hier, an einem Ort, der für sich schon existiert und funktioniert, noch hinzugeben oder mitnehmen?
Ab wann wird so eine Geste aufdringlich, belehrend, arrogant?
Was kann eine künstlerische Raumaneignung bedeuten, für die, die den Raum einnehmen, für die, denen der Ort vertraut ist, für die, die an diesem Ort leben oder arbeiten?
Einen Tag später, bei einem Picknick im PARKS, wurden diese Fragen thematisiert und die Arbeit wurde ausformuliert.
Die Brombeeren, die neben dem PARKS Gelände wachsen, sollten zu Marmelade gekocht werden und diese als Marmeladenstulle auf dem Festival angeboten werden. Dazu konzipierten die Teilnehmer:innen Arbeiten zu den verschiedenen Orten, die als Reaktion, Beschreibung, Auseinandersetzung, Recherche zu den einzelnen besuchten Orten von ihnen ausformuliert wurden.
Die Brombeermarmelade konnte allerdings nicht so gekocht werden wie geplant. Nach dem Gespräch mit Julia von PARKS stellte sich heraus, dass der Boden der Elbinsel ist leider unter anderem Blei verseucht. Alle Pflanzen, Früchte und Gemüse, die auf diesem Boden wachsen sind daher giftig und in Mengen nicht verzehrbar.
Verzehrbar sind tatsächlich nur die, die wie im Fall des PARKS Geländes auf einer mit Tonnen von Sand und Erde aufgeschütteten Unterbau angebaut sind. Die ursprüngliche Idee, sich mit Formen der Raumaneignung zu beschäftigen wurde somit zur Materialfrage,schließlich sollte keine belastete Marmelade angeboten werden.
Trotzdem sollten es Brombeeren sein, um sich diesem Ort in seiner Materialität anzunähern. Deshalb entschied sich die Gruppe an anderen Orten Hamburgs Brombeeren zu sammeln, und einen Teil dieser Beeren vor Ort, auf dem PARKS Gelände zu Marmelade einzukochen. Um Beeren zu finden nutze die Gruppe die Plattform Mundraub.de, die im übrigen auch keine Beeren im PARKS Umfeld anzeigt. mundraub.de ist laut eigener Aussage „Plattform für die Entdeckung und Nutzung essbarer Landschaften.“
Somit sammelten die teilnehmenden Künstler*innen gemeinsam und auch alleine an verschiedenen Orten Hamburgs Brombeeren, und trugen sie zusammen um sie gemeinsam einzukochen.
Conserving a long walk besteht aus: 95 Gläsern Marmelade, eine Videoarbeit, 6 Audioarbeiten von denen eine mit einer Textilarbeit verknüpft ist, und einem genähten Baldachin, sowie auf dem PARKS Gelänge vorgefundenen Materialien, wie ein Picknickbank und ein kleiner Kiosk.
Jedes ausliegende Marmeladenglas ist mit einem QR-Code versehen, der beim Scannen auf eine eigens für diese Arbeit erstellte Webseite leitet.
Auf der Webseite befinden sich die Audio- und Videoarbeiten. Die Audio und Videoarbeiten nehmen nochmal mit auf viele weitere Spaziergänge und erkunden diese Gegend um das PARKS Gelände. Sie nehmen uns mit an diese Orte und konservieren Wahrnehmung, Erfahrungen, Blicke, Begegnungen.
Die website wurde von uns zweisprachig gestaltet. Wir wollten nicht dass Sprache zum Ausschlussmechanismus wird, gerade an einem Ort, an dem vielleicht nicht alle Englisch sprechen.